Burney bis Chester

Auf den nächsten Abschnitt haben wir uns schon lange gefreut: er führt uns durch den vulkanischen Lassen National Park. Heiße Quellen, dampfende Geysire, viele Seen und natürlich der schneebedeckte Mount Lassen, der größte Lavadom Vulkan der Welt.

 

Von Burney aus wandern wir zunächst durch eine trockene, steppenartige Landschaft, die langsam immer grüner wird. Über schwarzes Lavageröll geht es dann stetig hoch auf eine langgezogene Steilkante, der wir anderthalb Tage lang folgen. Zur Rechten hat man einen grandiosen Weitblick über das bewaldete Tal, zurück auf den hohen, schneebedeckten Mt. Shasta und den vor uns liegenden Mt. Lassen. Die Steilkante bietet kaum Schatten und es ist mal wieder extrem heiß und staubtrocken. Temperaturen, wie an den heißesten Tagen in der Wüste. Damit haben wir hier oben gar nicht mehr gerechnet. Nachmittags geht uns einige Meilen vor dem nächsten Tank das Wasser aus. Nicht weiter dramatisch, aber unangenehm. Gierig trinken wir jeder erstmal einen Liter auf Ex, als wir endlich den großen Wassercaché erreichen. Wir kochen unser Abendessen direkt am Tank und wandern danach noch einige Meilen mit neuen Wasserreserven bepackt in den Abend, bevor wir unser Lager auf dem höchsten Punkt vor einem traumhaften Sonnenuntergang aufschlagen. Wir schlafen ohne Überzelt und können so kurz darauf auch noch den leuchtenden Sternenhimmel bewundern. Es sind genau solche Momente, die einem trotz aller Strapazen auf dem Trail ein grundauf zufriedenes Lächeln ins Gesicht zaubern.

 

Am nächsten Tag führt uns der PCT runter nach Old Station, ein winziges Örtchen mit einer Tankstelle, JJ's Café, einem Nature Center und RV Park. Wir genießen unsere Mittagsrast mit eiskalter Soda, Avocado-Burgern und einem riesen Becher Eiscreme von der Tankstelle. Anschließend laufen wir noch einige Meilen durch lichten Nadelwald. Am nächsten Morgen folgen wir erst dem rauschenden Hat Creek, steigen einige Höhenmeter auf und überqueren dann endlich die Grenze zum Lassen National Park. Zunächst verläuft der PCT durch ein riesiges verbranntes Waldgebiet, nicht so spektakulär wie erwartet. An einem über die Ufer getretenen See (passenderweise der Soap Lake) waschen wir unsere Klamotten und baden in den Mittagshitze. Offenbar gibt es hier eine Heuschreckenplage; die kleinen Hüpfer versuchen doch tatsächlich unsere in der Sonne trocknenden Socken zu fressen, während wir faulenzen.

Es geht weiter durch wüstes Gehölz. Aber schließlich sind die verbrannten Gebiete geschafft, die riesigen Pinien wieder grün und frische Wiesen mit gelben Blumen ersetzen den Ascheboden. Der Schnee ist im Lassen größtenteils geschmolzen und wir kommen gut voran. Wasser gibt es nun überall und die blauen Seen reihen sich nur so aneinander. Neben kleineren Fließgewässern gilt es auch einen recht breiten Fluss mit starker Strömung zu überqueren. Etwas flussaufwärts entdecken wir einen dicken Baumstamm, auf dem wir trockenen Fußes ans andere Ufer balancieren. Abends bestaunen wir einen milchigblauen Schwefelsee und machen noch einen Abstecher zum "Terminal Geyser". Dampf steigt aus der Erde hoch, die Steine und der Fluss nahbei sind ordentlich aufgeheizt und es stinkt gehörig nach Schwefel. Island lässt grüßen!

Vor dem Abendessen wollen wir noch schnell Wasser an einer Quelle auffüllen, die sich etwas abseits des Trails an einer markanten Kurve befinden soll. Wir kraxeln durch dichtes Unterholz den Hang hinunter, können die Quelle aber nirgends finden. Wir teilen uns auf. Überall liegen umgefallene Bäume, dazwischen wachsen stachelige Büsche und die Mücken sind super aggressiv. Nach einer halben Stunde treffen wir uns wieder und ziehen Bilanz: alle haben zerkratzte Beine, völlig zerstochene Haut und Henning eine gemeine Verletzung von einem Ast am Auge. Aber er hatte auch Glück und hat im sumpfigen Gebüsch einen kleinen Bach entdeckt und die Wassersäcke aufgefüllt. Wir klettern müde zurück zum Trail hoch. Völlig entgeistert starre ich zwei Minuten später und eine Wegbiegung weiter ein kleines Holzschild mit der Aufschrift "Spring - 400 feet" an, das zu einem gut ausgetretenen Trampelpfad weist... 

 

Bereits im Dunkeln schlagen wir an diesem Tag unsere Zelte auf und deponieren die Bärenkanister wie immer einige hundert Meter vom Lager entfernt. Im Lassen gibt es einen berüchtigten Campbär; er ist schon älter und luchst den Wanderern regelmäßig strategisch Essen ab, indem er bedrohlich auf sie zugeht und sich nicht verscheuchen lässt, bis die Leute ihren Rucksack stehen lassen und zurückweichen. Dann vertilgt er genüsslich seine Beute, während die Wanderer nur hilflos zuschauen können. Er hat noch nie wirklich jemanden angefallen, aber seine Methode funktioniert immer wieder hervorragend! - Hut ab.

Morgens höre ich energische Schritte ums Zelt stapfen und wundere mich, wieso die anderen schon so früh auf den Beinen sind. Oder ist es der Campbär? Als ich die Tür öffne, starrt mir ein neugieriges Reh in die Augen. Es ist überhaupt nicht scheu und schleicht auch noch weiter um uns rum, während wir zusammenpacken.

 

Noch einen Aufstieg gilt es an diesem Tag zu bewältigen und dann geht es den ganzen Tag kontinuierlich bergab. Am 4. Juli, Independence Day, kommen wir gegen Mittag in Chester an. Der ganze Ort ist am feiern. Kurz vor unserer Ankunft ist gerade eine Parade durch die Main Street gezogen und wir sind ganz erschlagen von den vielen Menschen und dem Trubel... Hinter der Kirche dürfen die PCT Hiker umsonst im Garten zelten. Es gibt sogar ein Plumpsklo, WLAN und einen Hahn mit Trinkwasser. 

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Kommentare: 6
  • #1

    Sabine (Samstag, 08 Juli 2017 12:42)

    Schlauer Bär....!! Wünsche euch noch viele Sternenhimmelnächte!
    Liebe Grüße
    Mama

  • #2

    Catharina (Sonntag, 09 Juli 2017 18:03)

    Hallo, Ihr Lieben. Was für schöne Bilder schickt Ihr uns wieder. Ich bewundere Eure Bewältigung der Natur mit ihren Gefahren, aber der Lounge ist die Schönheit und Einzigartigkeit. Weiter so!!! Eure Catharina

  • #3

    lost & found (Montag, 10 Juli 2017 16:16)

    Ich kann mich dem von Mama nur anschließen und hike in Gedanken mit euch.
    Euer lost & found

  • #4

    Nico & Yvi (Montag, 17 Juli 2017)

    Hey ihr Drei,
    es freut uns immer riesig, Bilder und News von euch zu lesen.
    Der Ben & Jerry´s Einkaufskorb ist mein Favorit..... ;-)).

    Seid ganz herzlich gedrückt von Nico & Yvi, sowie der Globetrotter Kolleg(in)en

  • #5

    Manfred Kirchhoff (Sonntag, 23 Juli 2017 13:42)

    Sabine+Karl: was habt ihr für tolle Töchter.Mut,Disziplin,Ausdauer und Gottvertrauen.Respekt.
    Ich werde die Tour von nun an mitverfolgen.

  • #6

    Annkatrin & Malin (Donnerstag, 12 Oktober 2017 11:57)

    Vielen Dank! Unser Papa heißt allerdings Holger ;-)

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