Diese Tour führt durch das nördliche Grenzgebiet von Norwegen und Schweden, entlang des Sulitjelma Gebirges. Startpunkt ist die kleine Ortschaft Sulitjelma in Nordnorwegen, Endpunkt die STF Fjällstation Kvikkjokk in Schweden. Da die Route auf norwegischer Seite im Winter komplett unmarkiert ist, wird sie nur wenig begangen. Auf unserer Backcountry-Skitour im März 2016 durften wir die weite Landschaft in vollkommener Einsamkeit genießen, lediglich gegen Ende der Tour sind uns auf schwedischer Seite ein paar saamische Eisangler begegnet. In Schweden ist die Strecke dann größtenteils markiert und bei guter Sicht einfach zu folgen.
Wer nicht im Zelt übernachten möchte, kann die Hütten der norwegischen und schwedischen Wandervereine ansteuern. In Norwegen sind die rustikalen kleinen Hütten auf dieser Strecke alle unbewirtschaftet und man benötigt den DNT-Hüttenschlüssel, um dort übernachten zu können. In Schweden ist in der Zeit um Ostern ein Hüttenwart vor Ort (genaue Öffnungszeiten sind auf der STF Webseite zu finden); außerhalb der Saisonzeiten ist ein kleiner Notraum für die Wanderer bzw. Skifahrer offen.
Wir empfehlen diese Tour Personen mit Erfahrung im winterlichen Fjäll, insbesondere mit guter Orientierungsfähigkeit, auch bei schlechter Sicht.
Im Winter sind die Tagesetappen z. T. etwas kürzer, da man über die Seen abkürzen kann.
Länge: | 6-7 Tage (plus 1 Reservetag) |
Beste Reisezeit: | Wintertouren: Ende Februar - Anfang April |
Übernachtung: |
Hütten oder Zelt (DNT-Schlüssel in Norwegen nötig) |
An-/Abreise: |
Nach Sulitjelma: 1. Flug nach Bodö 2. Bus Bodö -> Fauske 3. Bus Fauske -> Sulitjelma
Von Kvikkjokk: 1. Bus Kvikkjokk -> Jokkmokk 2. Bus Jokkmokk -> Lulea oder Kiruna 3. Flug von Lulea oder Kiruna |
Nach einer zweitägigen Anreise starten wir mit unseren Skiern in dem kleinen Ort Sulitjelma. An der alten Kirche vorbei steigen wir über Ny-Sulitjelma 600 Höhenmeter ins Fjäll auf. Der Himmel ist blau und die Sicht auf die umliegenden schneebedeckten Seen klar. Die ersten Meter müssen wir uns erstmal wieder an die Last auf unserem Rücken gewöhnen, aber schnell finden wir unser Schritttempo. Auf den umliegenden Hügeln sehen wir Rentierherden nach Flechten scharren. Unsere Unterkunft für die Nacht ist die kleine rustikale Lomihytta am Lomisee. Bevor wir uns zur Ruhe legen schmelzen wir auf dem alten Bollerofen Schnee für den nächsten Tag.
Am nächsten Morgen zieht ein starker Sturm auf. Wir wollen über den See in Richtung Muorki laufen. Aber der See scheint einen viel niedrigeren Wasserstand zu haben als auf der Karte eingezeichnet. Dort wo wir eigentlich auf den See wollen finden wir offene Zuflüsse. Um diese zu umgehen, müssen wir uns leider weiter am Nordhang um den See bewegen. Unterwegs queren wir eine Sommerbrücke und durch den losen Schnee an der steilen Kante rutschen wir mehrmals weg. Die Route entlang des Nordhangs ist von einigen Löchern und Spalten durch Schmelzwasserabflüsse von den Bergen durchzogen und zusätzlich fängt es an zu schneien. In kurzer Zeit wird der Schneefall zu einem ausgewachsenen Whiteout und wir müssen ständig neu navigieren und können uns nur sehr langsam fortbewegen. Laut GPS sind wir im Sturm kaum schneller als 1 km/h in den letzten drei Stunden vorangekommen. Plötzlich bricht Henning, der gerade vorausgeht und spurt, durch lockeren Schnee in eine Spalte ein. Geistesgegenwärtig hat er seine Skier verkantet und sich so verkeilt. Wir legen uns auf den Bauch und ziehen ihn wieder auf festen Untergrund. Henning ist überraschend entspannt, wir ziemlich erschrocken und alle sich einig: Zum ersten Mal auf einer Wintertour sollten wir lieber umkehren. Sicht und Schneebedingungen sind absolut nicht ideal. Der Rückweg zur Hütte ist mit Rückenwind schnell bestritten. Abends klart es dann auf und wir kundschaften eine alternative Routen für den nächsten Tag aus.
Die Sicht ist am nächsten Tag deutlich besser, der wilde Sturm zu einem kräftigen Wind abgeklungen, und über die neue Route am Nordufer gelangen wir innerhalb von einer Stunde sicher auf den See hinunter. Doch schon wird es wieder grau und neblig. Da wir nun auf dem See sind, können wir aber einfacher die Richtung halten und trotz schlechter Sicht sicher queren. Am anderen Seeufer sollen wir eigentlich über eine kleine Hügelkette nach nur 300 m auf den höher gelegenen Muorkisee stoßen. Stattdessen machen uns auch hier Eisspalten zu schaffen und die Distanz ist deutlich länger. Dies liegt am niedrigen Wasserstand des Stausees, irritiert uns dennoch bei der Navigation, da wir nicht wissen, wie groß der Unterschied nun tatsächlich ist. Am Ende macht es einen halben Kilometer aus. Bei schlechter Sicht ist das gar nicht so wenig. Auf dem Muorkisee machen wir kurz Pause und finden eine alte vereiste Schneescooterspur der wir eine kurze Weile folgen können. Die nächsten Kilometer laufen wir weiter über den See, nun geht es leicht. Als wir am Nachmittag an der Hütte ankommen, ist sie völlig eingeschneit. Mit der Schaufel bekommen wir die Tür aber schnell auf. Das Plumpsklo liegt einige Meter entfernt von der Hütte und ist nur auf Skiern und mit Hilfe einer Schneeschaufel erreichbar.
Eine Warmfront zieht über das Gebiet und der anhaltende Schneefall wird früh morgens zu Schneeregen. Nach kurzer Zeit sind besonders unsere Schultern und Arme durchnässt. Heute führt uns unsere Route über die Berge von Norwegen nach Schweden. Die Grenze liegt auf einem kleinen Pass. Der Regen motiviert uns zu einem flotten Tempo und wir erreichen den Grenzstein in Rekordzeit. Nun liegt ein ziemlich steiler Abstieg zum nächsten See vor uns. Die Strecke ist immer noch unmarkiert und die Abstiegsmöglichkeiten vielfältig. Wir sehen mehrere grasende Rentiere und beschließen ihren Spuren zu folgen, um mögliche Fehltritte zu vermeiden. Große vereiste Flächen an der Bergflanke bieten wenig Grip für unsere Skier. Dann sind wir auf dem See und vor uns liegt eine perfekte Schneescooterspur und unsere müden Beine können sich ein paar Kilometer lang vom Spuren erholen. Allerdings ist die obere Lage des Sees nicht fest gefroren, sondern hat die Konsistenz von Slush. Eigentlich merkwürdig, denn so schnell taut das Eis hier oben für gewöhnlich nicht. Wir sind vorsichtig und freuen uns innerlich auf die erste richtige Hütte der Tour. Unsere Hosenbeine, Stiefel und Socken sind komplett durchnässt. Der Hüttenwart, freut sich auch sichtlich uns zu sehen, anscheinend sind wir, abgesehen von ein paar einheimischen Eisanglern, die ersten Besucher der Saison. Zu unserer großen Freude hat die Hütte eine kleine Sauna und so hacken wir erstmal Holz und trocknen uns und unsere Kleider. Am Abend plaudern wir mit dem netten Hüttenwart. Er schenkt uns ein Päckchen von seiner selbstgemachten Moltbeermarmelade für die weitere Tour und bittet uns, einen Brief und Schokolade für einen befreundeten Hüttenwart in der nächsten Hütte mitzunehmen.
Wir erwachen erneut bei Sturm, aber heute macht es uns nicht mehr so viel aus, denn von nun an ist unsere Route markiert. Wir frühstücken Brei, verabschieden uns vom Hüttenwart und machen uns an den steilen langen Aufstieg, der die ersten 10 km unserer heutigen Strecke ausmacht. Unterwegs sehen wir einen Hundeschlitten an uns vorbeisausen und der Musher winkt uns freundlich zu. Die heutige Tagesetappe läuft sich ganz wunderbar und der steile Aufstieg hält uns bei dem Sturm gut warm. Die letzten 6 km geht es dann mit Gegenwind bergab. Unterwegs kreuzen wir nocheinmal zwei kleinere Seen. Als wir an der kleinen Hütte ankommen, ist sie schon warm vorgeheizt. Der Musher hat unser Kommen schon angekündigt.
Am nächsten Tag liegt eine längere Etappe vor uns. Die Sonne strahlt endlich wieder vom Himmel und der Wind ist heute hart in unserem Rücken. Das macht das Vorankommen leichter. Auf halber Strecke gibt es eine Schutzhütte, in der wir Pause machen und eine warme Suppe kochen. Nun folgt erneut eine lange Abfahrt. Dank frischem Pulverschnee sind die Bedingungen traumhaft. Leichter Schneefall vermischt sich mit den Sonnenstahlen und die umliegenden Berge glänzen wie frisch mit Zuckerguss begossen. Die Aussicht auf das Tarratal und die Berge im Norden ist umwerfend. Unten am Fluss angekommen kippt die Stimmung. Der riesige Fluss, der unseren Weg für die nächsten zwei Tage bestimmen soll, schient nicht komplett zugefroren zu sein. Wir klopfen und horchen und machen zaghafte Schritte. Bei jedem Schritt sacken wir 10 cm durch die obere Eisschicht. Es ist wie beim letzten See, nur ist die Wasserfläche hier viel größer und das Wasser in Bewegung. Zurück ist keine Option, voran gruselig. Wir laufen auf und ab und entdecken schließlich frische Scooterspuren. Wenn der Fluss ein Schneemobil trägt, sollte er auch uns halten. Außerdem haben wir unter dem Wasser festes Eis ertastet. Wir sammeln uns und gehen vorsichtig nacheinander über den Fluss.
Der Hüttenwart in Tarrekaise erzählt uns später, dass während des Tauwetters große Schmelzwassermengen aus den Bergen auf den zugefrorenen Fluss gelaufen und an der Oberfläche wieder gefroren sind. Das warme Wetter vom vorigen Tag hat es wieder leicht angetaut und deshalb sind wir eingesackt. Unter dem Slush befindet sich aber meterdickes Eis. Beruhigt starten wir also auf die nächste Etappe, die uns fast ausschließlich über das Eis des Flusses führt. Über Nacht sind die Temperaturen wieder stark gefallen und alles ist von einer blanken Eisschicht bedeckt. Der Wind treibt uns an und wir schlittern mit weit ausgebreiteten Armen und Rückenwind schnell über das Eis gen Nunjes. Der letzte Abschnitt führt uns über Land und wir machen eine schöne Pause zwischen den ersten Krüppelbirken. Wir sehen nun schon die ersten Eisfischer aus Kvikkjokk in der Ferne. In Nunjes ist der Fluss offen und wir schnallen die Skier ab und nutzen die Sommerbrücke. Langsam macht sich das Ende unserer Tour bemerkbar.
Der letzte Tag der Tour ist geprägt von bestem Wetter. Kalt, klar und sonnig. Die Strecke ist überwiegend flach mit einigen kleineren offenen Flüssen, die mit Hilfe von Schneebrücken schnell überquert sind. Nur bei einem Fluss ist die Schneebrücke eingestürzt und wir müssen die Skier ausziehen und von Stein zu Stein klettern. Aber die Fjällstation ist nah und so ist die Angst vor nassen Füssen nicht allzu groß. Wir laufen noch ein Stück am rechten Seeufer entlang und überqueren dann das Flussdelta in Kvikkjokk unterhalb der Fjällstation. Hier wartet ein köstliches Abendbrot und eine warme Sauna zum Abschluss dieser abwechslungsreichen Tour auf uns.